Ursprung Dinkel
Dinkel ist eine der jüngsten Getreidearten und das einzige Getreide, das in West-Europa entstanden ist. Vor circa 4.000 Jahren kreuzte sich spontan ein Zwergweizen (Triticum compactum/Binkel) mit Emmer. Dies konnte geschehen, da noch bis vor 150 Jahren die Äcker nicht immer in Reinkulturen gesät wurden, sondern verschiedene Arten gepflanzt wurden. So stand der Zwergweizen neben Emmer und anderen Weizenarten. Somit ist Dinkel (Triticum spelta) eine Unterart des Weizens (Triticum aestivum).
Schon vor 9.000 Jahren ist im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes eine Dinkelart entstanden. Diese Dinkelart gelangte aber nicht nach Europa und ist dem Weizen ähnlicher als der europäische Dinkel. Er wird heute nach seinem Entstehungsgebiet „asiatischer“ oder „iranischer“ Dinkel genannt.
Ur-Dinkel, eine gute Vermarktung
Einkorn, Emmer und Dinkel werden oft als Ur-Getreide beworben. „Urdinkel“ als solchen gibt es jedoch nicht, es ist kein definierter Begriff. Im Grunde ist es nur eine gute Vermarktung.
Der bekannte UrDinkel ist eine geschützte Marke der IG Dinkel in der Schweiz. Unter diesem Namen werden die beiden Sorten „Oberkulmer Rotkorn“ und „Ostro“ vermarktet.
Urgetreide im engeren Sinne sind jedoch nur Einkorn, Emmer und Gerste. Der eigentliche Urdinkel, aus botanischer Sicht, wäre dabei der aus dem Iran.
Das bekannte Oberkulmer Rotkorn
Die Dinkelsorte „Oberkulmer Rotkorn“ wurde vor ca. 100 Jahren in der Schweiz, in Oberkulm, aus einer Landsorte selektiert, geprüft und für gut befunden. Eine Landsorte ist ein Gemisch aus verschiedenen Typen derselben Art, die gut an die ökologischen Bedingungen ihres Entstehungsgebiets angepasst sind. 1948 wurde diese Linie offiziell als Sorte zugelassen.
In den 30er Jahren gab es 13 Dinkelsorten. Allerdings blieb durch den starken Rückgang der Anbaufläche von den vielen verschiedenen Landsorten nur das „Oberkulmer Rotkorn“ übrig. Zu der Zeit wurde auch mit der Kreuzungszucht begonnen und bewusst zwei verschiedene Dinkelpflanzen miteinander gekreuzt. Dabei entstand die Sorte „Ostro“, die 1978 dann auf den Markt kam. Ohne Rücksicht auf die große verlorene Vielfalt setzen die zwei Sorten heute den Maßstab in punkto Erscheinung und Qualität. Deswegen wurde auch das „Oberkulmer Rotkorn“ als „Urdinkel“ ausgewählt.
„Oberkulmer Rotkorn“ ist eine sehr schöne und auch recht gesunde Dinkelsorte, die sich seit hundert Jahren behaupten kann. Dennoch befindet sie sich am Ende ihrer Lebensspanne und hat ihren Peak erreicht.
Ablauf der Züchtung
Die Entwicklung einer neuen Sorte braucht Zeit. Von der Kreuzung bis zur marktfähigen Sorte dauert es rund 15 Jahre. Außerdem ist es ein teures Anliegen, denn die ungefähren Kosten der Entwicklung einer Sorte belaufen sich auf 750.000 € bis 1,5 Mio. €.
Die Züchtung läuft dabei nach folgendem Schema ab:
- Jahr 1: Kreuzung: Es werden zwei Partner entsprechend ihrer Merkmale ausgewählt und miteinander gekreuzt.
- Jahr 2-5: Population: Es entwickeln sich unterschiedliche Ausformungen und eine Vielfalt entfaltet sich.
- Jahr 6-8: Linienselektion: Nach vier Jahren werden einzelne Ähren ausgewählt und nach ihren agronomischen Eigenschaften selektiert.
- Jahr 9-11: Sortenprüfung: Die vielversprechendsten Zuchtlinien werden wiederholt und an verschiedenen Standorten auf Gesundheit, Ertrag und Qualität geprüft. Dabei wird auch mit Verarbeitern zusammengearbeitet, um die Ergiebigkeit und die Verträglichkeit zu prüfen.
- Jahr 12-15: Vermehrung: Nach erfolgreicher Anbaueignungs- und Sortenschutzprüfung kann nun die Vermehrung des Saatgutes erfolgen und die Sorte benannt werden.
Neue Dinkel-Sorten
Mittlerweile gibt es auch schon zahlreiche neue Dinkelsorten, wie zum Beispiel „Raisa“, „Copper“, „Gletscher“ oder „Edelweißer“.
Bei allen wurde darauf geachtet, dass sie die besonderen Eigenschaften haben, die Dinkel ausmachen wie Wachstums-, Ausreifungsprozesse und Qualität. Es wurde kein Weizen eingekreuzt, sondern alte Landsorten und Handelssorten als Kreuzungseltern verwendet.
Neben den dinkelspezifischen Besonderheiten wie hohe Mehlausbeute, stabilere Teige, hohe Wasseraufnahme, höheres Backvolumen und Schmackhaftigkeit wird auch auf alle gängigen agronomischen Merkmale wie Ertrag, Krankheitsanfälligkeit, Standfestigkeit, Bodenbedeckung, Ährenschieben und Pflanzenlänge geachtet. Dies ergibt ein Gesamtbild, welches die Entscheidungsgrundlage für eine neue Sortenanmeldung bildet.
Warum ist die Weiterzüchtung des Dinkels so wichtig?
Neben den landwirtschaftlichen Herausforderungen, welche die heutige Zeit an die Kulturpflanzen stellt, ist beim Dinkel vor allem der Verlust an Vielfalt hervorzuheben.
Durch den Rückgang des Dinkelanbaus im letzten Jahrhundert ist ein enormer Verlust an genetischer Diversität entstanden. Die erhaltenen Muster in den Genbanken sind nur ein kleiner Ausschnitt einer einstmals großen Vielfalt. Die Sortenvielfalt im Anbau ist immer noch gering und die genetische Basis schmal. Dies führt zu einem anfälligen System im Hinblick auf die Herausforderungen der Zukunft (Veränderung der Krankheitserreger, veränderte Anbausysteme, Klimawandel, Veränderungen in der Verarbeitung etc.).
Deswegen muss darauf geachtet werden, dass die zukunftsfähigen Sorten gut mit extremen Wettern wie Hitzeperioden aber auch Starkregen auskommen können. Auch die Pflanzenkrankheiten entwickeln sich immer weiter, auch hier müssen sich die Sorten immer wieder anpassen können. Der Fokus liegt daher auf der Erweiterung der genetischen Vielfalt, um die Zukunft der Kulturpflanze nicht zu gefährden.
Ein weiteres dinkelspezifisches – oft unterschätztes – Problem kommt hinzu: Auch die Diversität der Züchterhäuser ist sehr schmal. Dies bedeutet, dass sich nur wenige Menschen um den Fortbestand der Kulturpflanze kümmern. Zusammen mit der Landessaatzuchtanstalt Hohenheim und dem CRA-W in Belgien gehört die gzpk in der Schweiz zu den weltweit größten Dinkelzüchtern und die gzpk führt das einzige ökologische Zuchtprogramm.
Die Kulturpflanze Dinkel und ihr Fortbestehen liegt uns am Herzen, daher unterstützen wir eine Weiterentwicklung, dass sie auch in Zukunft weiterhin angebaut werden kann und wir unsere schmackhaften Dinkel-Nudeln daraus herstellen können.
Welche Dinkel-Sorten verwendet Naturata?
Grundsätzlich gilt: Das Getreide für unsere Naturata Dinkel-Teigwaren (hell & Vollkorn) sowie das Naturata Knäckebrot (Demeter Qualität) wird ausschließlich aus samenfesten Sorten Dinkel und Roggen hergestellt.
Unser Rohstofflieferant nutzt hauptsächlich die Dinkel-Traditionssorte „Oberkulmer Rotkorn“, weitere verwendete Sorten stammen aus bio-dynamischer Züchtung und ergänzen das Sortenspektrum. Unser Lieferant empfiehlt den Landwirten, aus der Erzeugergemeinschaft, die Sorten „Gletscher“ und „Copper“ anzubauen, um eine gewisse Sortenvielfalt anzubieten. Diese sind auch ideal für Standorte außerhalb der klassischen Dinkelanbaugebiete, zum Beispiel in Höhenlagen, bestens geeignet. Diese Sorten entsprechen in ihren positiven Eigenschaften der klassischen Dinkelsorte „Oberkulmer Rotkorn“ und sind reine Dinkelsorten ohne Einkreuzung von Weizen im Züchtungsprozess. Ihr Vorteil liegt in der besseren Standfestigkeit und damit tragen diese zu einer höheren Erntesicherheit bei.